Angriff auf Ploiesti

Angriff auf Ploiesti

Bildquelle: Wikimedia Commons

Spätestens nach der Bombardierung der mitteldeutschen Treibstoffwerke am 12.05.1944 war der deutschen Heeresführung das neue Ziel des alliierten Bomberkommandos klar. Voraus gegangen waren die Angriffe am 5.4. und 24.4.1944, sowie weitere Angriffe am 5.5. und 6.5.1944 auf die rumänischen Erdölfelder um Ploiesti, die Deutschlands einzige größere Bezugsquelle für Erdöl war. Anfang Mai ließ Göring als Beauftragter des Vierjahresplans prüfen, inwieweit die deutschen Treibstoffwerke noch nachträglich unter eine zwei Meter dicke Betondecke gelegt werden könnten. Carl Krauch (I.G. Farben) raubte Göring jedoch jegliche Illusion der Durchführbarkeit, da dies weder in kürzester Zeit noch materialmäßig zu schaffen wäre. Weiterhin würde man tausende von Arbeitern für die 18 Treibstoffwerke benötigen.
Als erste Maßnahme nach dem erfolgten Angriff wurde den deutschen Treibstoffwerken ein Sonderstatus gewährt. Dieser sollte Ihnen erlauben Material und Arbeitskräfte für den Wiederaufbau ihrer Anlagen ohne Verzögerung anzufordern. Dieser Status wurde dem Treibstoffwerk Lützkendorf in einem Schreiben von Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion Albert Speer am 17.5.1944 mitgeteilt.

Geilenberg und Speer Mai 1944

Geilenberg und Speer Mai 1944

Bildquelle: Bundesarchiv Bild 183-J10229

Am 30.5.1944 wurde Edmund Geilenberg als Generalkommissar für Sofortmaßnahmen und Wiederaufbau der Treibstoffindustrie bestellt. Es folgte am 3.6.1944 ein Erlass, der Geilenberg uneingeschränkte Handlungsfreiheit für das Instandsetzen der Werke gewährte. Während man im Mai und Anfang Juni 1944 noch den Wiederaufbau forcierte, setzte sich mit den fortlaufenden Angriffen im Juni die Erkenntnis durch, die wichtigsten Anlagen auszulagern und zu dezentralisieren. Einen wirklichen Schutz vor Bombardierungen konnten nur unter Tage gewährleistet werden. So kam es zu dem Mineralölsicherungsplan vom 1.8.1944 und den Geheimprojekten mit den Tarnnamen Dachs, Kuckuck, Ofen, Schwalbe, Taube usw.

In einem Bericht vom 11.8.1944 fasst Direktor Schneeberger (WIAG Lützkendorf) die wichtigsten Punkte einer Besprechung bei der Miöl in Luckenwalde zusammen (Datum der Besprechung nicht überliefert!). Bei dieser Besprechung wurden Fragen der zu erstellenden Ofenanlagen unter Tage näher erläutert. Im Anschluss an die Besprechung wurde durch Dr. Berger vom Stab des Generalbevollmächtigten der chem. Industrie die Firmen bekannt gegeben, die die Anlagen betreiben sollten. So war für Wintershall zuerst Ofen 5/ 6 Messinghausen und Ofen 7/ 8 Mühlenbein vorgesehen. In einem weiteren Schreiben vom 22.8.1944 wird Wintershall vom Chef des Rohstoffamtes Hans Kehrl die Leitung von Ofen 9/ 10 Mühlental bei Halberstadt auferlegt, die bis dahin die Nerag übernehmen sollte.
Diese Anlagen wurden im Auftrag des Rohstoffamtes von der Deutschen Bergwerks- und Hütten G.m.b.H. schlüsselfertig erstellt und an die Betreiberfirmen verpachtet. Jedoch waren die Pachtverträge so gehalten, dass den Betreiberfirmen eigentlich keine Kosten entstanden und alle negativ auftretenden Eventualitäten vom Reich abgefedert wurden.

Folgende Notizen, Aktenvermerke usw. konnten bis jetzt aus den Akten ermittelt werden.

  • Aktenvermerk vom 14.8.1944, mit der Notiz das Erdgruben für Topp- Rückstand in Lehm- oder Betonausführung errichtet werden müssen.

  • Schreiben vom 20.9.1944, Ofenanlage Mühlental Sollinbetriebnahme 15.9.1944 - Istinbetriebnahme 18./ 19.9.1944

  • Schreiben vom 23.9.1944, mit der Ankündigung von Einschreibebriefen in 2 Satz= 4 Briefe Wintershall Lützkendorf und 1 Satz= 3 Briefe an Dr. Eckardt/ Harz mit der Überschrift "Ofen".

  • Telegramm vom 29.9.1944 , mit der Mitteilung das man auf umgehende Zusendung von Rohprodukten wartet. 7- 8 Mühlenbein - Hüttenbau Messinghausen gez. Wieland

  • Telegramm vom 30.9.1944, mit der Mitteilung des Untersagens von Ausbauten von Schiebern aus einer nicht näher erwähnten Anlage. minSperr gb

  • Schreiben vom 13.11.1944 Arbeitsgruppe f. Hydrierung, Synthese und Schwellung (i.A. Huhn) Die Auslagerung von geschützten Betrieben muss als geheim behandelt werden. Es sind nur wenige Personen damit zu beauftragen und diese dürfen nur "Volks- oder Reichsdeutsche" sein.

Im November 1944 werden auch mehrere Abteilungen des Treibstoffwerkes ausgelagert. So befindet sich die Buchhaltung des Treibstoffwerkes ab November in Mücheln, der Einkauf in Stöbnitz, Registratur in Gröst und das Lohnbüro in Zeuchfeld. Dr. Schmalfeldt als Konstrukteur und technische Leitung des Treibstoffwerkes sitzt mit seinen Mitarbeitern in Leiha. Ebenfalls wurden wichtige Ersatzteile und Handelswaren nach Gröst und Stöbnitz in dortige Magazine/ Lager verbracht. Ab November 1944 begann man weiterhin mit der Demontage von Anlageteilen die entweder in Lützkendorf nicht mehr benötigt wurden bzw. für andere "Untertage- Projekte" wichtiger waren.

  • Mitteilung Dr. Schneider vom 25.10.1944, Krackanlage (Bau 52) in Lützkendorf soll bis 20.11.1944 versendet werden.

  • Schreiben vom 26.10.1944, Ofenanlage 5/ 6 Messinghausen und 7/ 8 Mühlenbein sollen von WIAG Salzbergen aus betrieben werden.

  • Buchungsanzeige an DEA vom 25.11.1944, In der Buchungsanzeige wird eine Explosion des Tanks 3 in Messinghausen - Ofen 5/ 6 - bei der Befüllung mit Topp- Rückstand erwähnt.

  • Schreiben vom 29.11.1944 mit der Anordnung über den sofortigen Abbau der Katorfabrik und Überstellung an Hr. Direktor Altpeter (Gebechem) zur weiteren Verwendung.

  • Fernschreiben vom 7.1.1945, Die 31 Waggons nicht "Taube1" sondern "Taube 2" Bredelar!

  • Schreiben vom 10.1.1945 über die unbedingte Tarnung der Ausweichlager und Baustellen. Schneisen in Wäldern müssen vermieden werden. Bahngleise sind mit Erde und Rasen abzudecken.

  • Schreiben vom 17.1.1945, Beschlagnahme von 2 Luftzerlegeautomaten und dazu gehörenden Turbokompressoren für Anlage "Kuckuck".

  • Telegramm vom 23.1.1945, Arbeitsstab Geilenberg wonach ein O- Wagen für Projekt "Karpfen" bewilligt wurde. ("Ofenteile" sollen nach Würzburg zu den dortigen Gaswerken gebracht werden.)

  • Schreiben vom 24.1.1945 (Speer), Fischer- Tropsch- Synthese wird nicht wieder aufgebaut.

  • Telegramm vom 28.1.1945, Anordnung über sofortiges Einstellen von Bunkerbauten in den Treibstoffwerken. Zement wird für andere Projekte abgezogen.

  • Telegramm vom 12.2.1945, Aufforderung zu einer Besprechung der Gesamtlage mit Hr. Geilenberg in Heiningen bei Boerssum am 13.2.1945 - 11.00 Uhr.

  • Schreiben vom 25.2.1945 (BRABAG Schwarzheide), Katorfabrik wird nicht mehr in Betrieb gehen. Wertvolle Teile der Reduktion sollen ausgebaut werden und in Ausweichlager versendet werden, eventuell "Kolibri".

  • Telegramm vom 27.2.1945, Anfrage vom Stab Geilenberg über 4 Separatoren für "Dachs 4".

  • Schreiben vom 10.3.1945, Schreiben beinhaltet eine Aufzählung von benötigten Ersatzteilen für Spalt-/ Krackanlage "Taube 2".

  • Telegramm vom 12.3.1945 über die Anforderung eines 500 cbm Tank der an Pölitz abzugeben ist und einen 2500 cbm Tank an "Taube 1".

  • Schreiben vom 31.1.1945, Schreiben beinhaltet gelieferte Mengen an Rohöl, Benzin und Diesel.

  • Telegramm vom 5.1.1945, Transport von 16 Kontaktöfen + Kontaktmasse für "Karpfen".

Bahnhof Langeneichstädt 2011

Bahnhof Langeneichstädt 2011

Bildarchiv:www.dasgeiseltal.de

Mit einem Schreiben vom 23.1.1945 wird Lützkendorf vom Stab Geilenberg auferlegt, das Werk bei drohendem Fliegeralarm von Rohstoffen und Fertigprodukten zu räumen. So wurden fertig abgefüllte Kesselwagen nach Wernsdorf (Überbaggert!) abtransportiert und dort erst als Zug zusammengestellt. Anschließend wurden die Züge in Langeneichstädt abgestellt. Gefüllte Fässer der Fassverladung wurden in Braunsbedra, in den bewaldeten Schlosspark des Barons von Helldorf gelagert, um sie dort vor Fliegerangriffen zu schützen.

Neben der Auslagerung der Produktion in Stollen und Höhlen, wurde versucht Kleinstanlagen zur Verarbeitung von Erdöl, Teeröl und Schwelteer in vorhandene Fabriken mit Dampferzeugung unter zu bringen. Man versuchte dezentral Firmen zu finden, die durch Ihre Anlagen und eventuellen geringen Umbauten eine Produktion im kleinen Stil ermöglichten. Hierzu eigneten sich besonders die Dampferzeugungsanlagen von Zuckerfabriken, Brennereien, Brauereien und ähnlich gelagerte Fabriken. In einem Schreiben vom 6.2.1945 an den Generalbevollmächtigten für Sonderfragen der chem. Erzeugung, wird über die Besichtigung der Vereinigten Thüringer Brauereien Artern und der Brauerei Krostitz bei Leipzig Bericht, vom technischen Personals Lützkendorf, erstattet. Der Grund der Besichtigung bestand darin, die Entparaffinierungsanlage aus Lützkendorf unter zu bringen, um mit geringen Mitteln leichte Erdöldestillate herzustellen. Während Artern durch seine veralteten Kessel und Kühlkompressoren sowie einen Gebäudebrand ungeeignet erschien, wurde für Krostitz um eine nochmalige Besichtigung gebeten. Ob es in dieser Anlage bis Kriegsende noch zu einer Aufnahme der Verarbeitung kam, ist nicht belegt.

Ofenanlage 5/ 6 Messinghausen

Ofenanlage 5/ 6 Messinghausen

Bildquelle:www.untertage-übertage.de

Weitereführende Informationen zur Ofenanlage 5/ 6 Messinghausen und 7/ 8 Mühlenbein findet man auf der Seite: