Angriffsziel Geiseltal

Bis zum 12. Mai 1944 blieb das Geiseltal, außer bei den Angriffen von September bis Dezember 1940 durch die Royal Air Force (RAF) deren Wirkung aber sehr moderat waren, weitgehend von Luftangriffen verschont. Trotzdem fielen immer wieder vereinzelte Bomben, da das Geiseltal in der Anflugszone für Leipzig lag (20.10.1943 Elise II/ Großangriff Leipzig). Ab Mai 1944 wurde das Geiseltal, mit dem Treibstoffwerk Lützkendorf in Krumpa, den Ammoniakwerk Merseburg in Leuna und den Buna- Werk in Schkopau zu einem Hauptziel der 8. US Air Force. Bei dem Eintreffen der Bomberverbände in das Zielgebiet eröffnete die umliegende Flak- Artillerie das Abwehrfeuer, um die Pulks aufzubrechen bzw. von ihrem Ziel abzuhalten. Die dabei herausgeschossenen Bomber entledigten sich sofort ihrer tonnenschweren Last, um durch ein geringeres Gewicht ihre Maschinen zu stabilisieren und es dadurch zurück auf sicheren Boden zu schaffen. Durch diese Notabwürfe wurden die umliegenden Gemeinden und Städte meist erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Weiterhin kamen die große Höhe und die Wetterbedingungen hinzu, die negativen Einfluss auf die Zielgenauigkeit hatten.


Erinnerungen von Julie Braasch

Julie Braasch

Julie Braasch

Bildquelle: elkth.gerhard.seifert

In einem Beitrag der mitteldeutschen Kirchenzeitung "Glaube + Heimat" konnte man zum 100. Geburtstag von Julie Braasch folgende Erinnerungen lesen.

In Gedanken zum Kriegsende 1945 (aufgeschrieben 1995) heißt es:

Das Geiseltal war der am stärksten bombardierte Landkreis Deutschlands. Die Bomben galten der zweitgrößten und modernsten Zuckerfabrik des Landes im Nachbarort Stöbnitz, dem Mineralölwerk Wintershall in Lützkendorf und den Anhaltischen Braunkohlenwerken, welche die Braunkohle für die Leunawerke bei Merseburg und die Buna-Werke bei Halle lieferten. Von den ca. 25 Kirchen und Pfarrhäusern waren 17 zerstört bzw. schwer beschädigt. Die ersten schweren Angriffe waren zu Pfingsten 1944, dann folgten ständig kleinere Angriffe, Einbeziehung in die
Angriffe auf Leipzig, Halle, Bitterfeld und wieder schwere Angriffe im September und Oktober 1944. Kaum einen Tag und kaum eine Nacht ohne Fliegeralarm und Leben im Bunker. Das Mineralölwerk brannte tagelang, viele Todesopfer waren zu beklagen. Unser Dorf Möckerling bekam mehrfach Volltreffer auf Wohngebiete; die Hebamme kam um und der Milchmann mit seinem Verkaufswagen und den Pferden sowie einige alte Leute im Keller. Die russischen Kriegsgefangenen mussten mit bloßen Händen die Leichen bzw. das, was von den Menschen übrig geblieben war, ausbuddeln und durften sich nicht einmal die
Hände waschen wir brachten aus dem Pfarrhaus heißes Wasser und auch Zigaretten zu ihnen. Die meisten Menschen eilten in die Bunker tief in die Kohlengrube 120 Stufen tief oder in die Pulverkammer mit der Nassstrecke, bis eine Bombe den Eingang zerstörte und die gegenüber liegende Baracke, in der wir uns aufhielten, wenn etwas Ruhe war. An dem Tag waren wir das erste Mal im neuen Bunker!
Am 3. April 1945 feierten wir früh um 8 Uhr bei Voralarm die Konfirmation der beiden ältesten Söhne in der Kirche ohne Fenster sie waren zum zweiten Mal herausgerissen und mit einem großen Loch im Dach. Vom Vater kam dazu die letzte Post bis November 1945.

Erinnerungen von Allen Ostrom

Allen Ostrom

Allen Ostrom

Bildquelle: Christian Holtz

Erinnerungen Allen Ostrom (Heckschütze einer B-17) an das Ziel Merseburg in seinem 1989 erschienen Buch "398th Bomb Group Remembrances"

Merseburg ... gefürchtetes Merseburg

Wenn Veteranen der 8. US Air Force über deutsche Städte und militärische Ziele des Zweiten Weltkrieges sprechen, dann beginnen diese Gespräche in der Regel mit so bekannten Namen wie Berlin, Schweinfurt, Köln, München oder Regensburg. Der "MPI" (Zielpunkt) für die Bombenschützen lagen in Kugellagerfabriken, Munitionsfabriken, Flugzeugwerke, Brücken oder anderen Zielen die sie durch ihr Norden- Bombenzielvorrichtung sahen. Diese "Main Point of Impact" (Zielpunkte) wurden so oft, wie es das Bomber Command in High Wycombe es als notwendig erachtete, bombardiert. Und dies bei einem prognostizierten Verlust an Männern und Flugzeugen, so lange sie es für "akzeptabel" hielten.

So haben die meisten Männer des Verbandes nicht gerade freundlich geschaut, als sie einen langen farbigen Faden auf der Wand des Besprechungsraumes sahen, der sich von England über den Kanal im Zick- Zack nach Deutschland erstreckte, den lieber wäre ihnen Berlin oder Schweinfurt gewesen. Der Luftkrieg über Deutschland begann, lange bevor der erste amerikanische GI einen Fuß in die Normandie setzte und kostet 50.000 Männer das Leben. Während wir noch trainierten 1943- 1944 in Rapid City SD an unseren späteren Einsatzmaschinen. Im kommenden Jahr 1944- 1945 würde die 398th BG schon 760 Opfer beklagen, die im Kampf getötet, verwundet, gefangen oder auf See gerettet wurden. Und es würden 153 B-17 sein die abgeschossen, aufgegeben oder so stark beschädigt waren, dass sie nicht mehr fliegen konnten.
Die 398th BG , die auf Grund ihrer Crew Ausbildung zu Hause die letzte B-17 Gruppe war die der 8. US Air Force beitrat, fand schnell ihren Platz und gewisse Furcht bei der Erwähnung bestimmter Ziele. Und bei dem Anblick eines langen Fadens.
Aber es war eine viel kleinere und weniger bekannte Stadt im Osten Deutschland, die ein tiefes "Stöhnen" von den Männern der 398th BG, wenn das "Ziel für heute" im Briefingraum präsentiert wurde. Es war etwas Besonderes und gleichzeitig bedrohliches bei dem Namen "Merseburg".
Gefürchtetes Merseburg.
Es würde seinen Tribut an Menschen und Maschinen verlangen. Noch mehr als Berlin, München, Hamburg, Kassel, Ludwigshafen. Oder eine der anderen.
Merseburg, mit seiner Raffinerie Leuna war ein Öl- Ziel. Und schließlich war es dieses nicht Zulassen der Mineralölverarbeitung, die so maßgeblich zur Beendigung an Hitlers Streben nach Weltherrschaft beitrug.
Die 398th BG ging achtmal nach Merseburg. Sechs Mal gab es leere Räume in den Unterständen, wenn die Gruppe nach Hause kam. Ein Ring von 400 Flak- Geschützen, die doppelte Anzahl die Berlin schützen sollte, war in dem Merseburger- Raffinerie- Korridor aufgestellt wurden. Ein verzweifelter Versuch Deutschlands schwindende Öl- Versorgung zu schützen...